20 Jahre acrps – Wechselstrom-Bahnenergieversorgung – heute, morgen und übermorgen
Die Zukunft des Verkehrswesens gehört einem nachhaltigen, umweltfreundlichen System: dem Schienenverkehr. Zahlreiche politische Maßnahmen gehen in die Richtung: 2022 wurde die Beschleunigungskommission Schiene eingesetzt. Es gilt, sowohl die Kapazität im Bestandsnetz optimiert zu nutzen, als auch kleine und mittelgroße Infrastrukturmaßnahmen umzusetzen, die in Summe aufgrund ihrer Netzwirkung einen bedeutenden Effekt haben. Es sollen neue Wege in der Finanzierung von Schieneninfrastruktur beschritten, Planungs- und Genehmigungsverfahren entscheidend beschleunigt und damit auch der Bau von Schieneninfrastruktur vorangetrieben werden. Der Bund will insbesondere die Vorschläge für eine neue Finanzierungsarchitektur und die schnellere Projektrealisierung in die Arbeiten für das Projekt InfraGO (Infrastruktur Gemeinwohlorientiert) einbeziehen, dass die Neuaufstellung der DB-Infrastruktursparten zum 1. Januar 2024 vorbereitet.
Auch die Europäische Kommission hat Zukunftsvisionen für die Bahn, die bis Mitte dieses Jahrhunderts reichen. Zur Umsetzung hat sie eine Roadmap für elektrifizierte Bahnstrecken in Europa mit dem Projekt LIVINGRAIL (living in a sustainable world focused on electric rail) erarbeitet. Das Dokument umfasst über 60 praktische Maßnahmen und Methoden, um kurz-, mittel- und langfristig die vorgeschlagenen Aktionen und Strategien umzusetzen. LIVINGRAIL zeigt auf, in welchem Maß gerade elektrifizierte Bahnstrecken zu einer höheren Lebensqualität in einem nachhaltigen Europa beitragen, indem sie den Mobilitätsansprüchen der Reisenden und des Gütertransports gerecht werden, die Umwelt schonen und dabei wirtschaftlich sind.
Hierzulande haben wir schon im Jahr 2019 darüber diskutiert, wie wir die Elektrifizierung des Schienennetzes voranbringen können. Um den umweltund verkehrspolitischen Zielen näher zu kommen, soll der Elektrifizierungsgrad von 61 % elektrifiziertem Streckenanteil auf 75 % erhöht werden. Inzwischen hat der Gesetzgeber sein Elektrifizierungsprogramm für die Schiene fortentwickelt und um weitere Bausteine ergänzt. Bis 2050 sollen nunmehr 100 % aller gefahrenen Zugkilometer elektrisch beziehungsweise klimaneutral zurückgelegt werden. Wokeine Oberleitung vorhanden ist, sollen dafür Züge nicht mehr mit Diesel, sondern mit alternativen Antrieben wie Akkumulatoren, Brennstoffzellen oder synthetischen Kraftstoffen betrieben werden. Es gilt, wichtige Technologieentscheidungen zu treffen – etwa für die Ausschreibungen mit Betriebsstart ab 2025 bis 2031 – und demzufolge auch die nötigen Infrastrukturrandbedingungen zeitnah zu schaffen.
Die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dieses ehrgeizige Ziel erreicht wird, ist auch für unsere Fachgemeinschaft eine große Aufgabe.
Das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung beim Eisenbahn-Bundesamt (DZSF) hat in den ersten Jahren seines Bestehens bereits erfreulich viele Projekte in diesem Zusammenhang auf den Weg gebracht. Ich gehe davon aus, dass das DZSF auch weiterhin einen wichtigen Beitrag leistet, um die Zukunftsfähigkeit des Verkehrsträgers Schiene sicherzustellen.
Um sich über dieses und viele andere aktuelle Themen auszutauschen, ist die Jubiläumsveranstaltung der acrps – sie hat zum ersten Mal vor 20 Jahren stattgefunden – eine gute Gelegenheit.
Gerald Hörster
Eisenbahn-Bundesamt
Präsident