Wieso, weshalb, warum?

dschung felixDas diesjährige Rail.S/VDE-Symposium „Sicherheit & Zulassung elektrischer Bahnausrüstungen“ steht unter der Überschrift „Prozeduren oder Sachverstand – Wer macht das Rennen?“

Ich persönlich hoffe inständig, dass es sich bei dieser Frage nur um eine rhetorische Frage handelt. Denn Sachverstand lässt sich nur durch mehr Sachverstand ersetzen. Bedeutet das jedoch umgekehrt, dass man auf Prozeduren verzichten kann? Das Gegenteil ist der Fall.

Fakt ist, dass es beides braucht. Aber Prozeduren sollten nicht um der Prozeduren Willen existieren. Genauso wenig sollten Richtlinien stumpf heruntergebetet werden.

An dieser Stelle hilft es sich noch einmal zu vergewissern, was eigentlich Richtlinien oder Prozeduren sind: Sie sind im Grunde in Schriftform gegossene Erfahrungswerte. Nicht mehr und auch nicht weniger. Teilweise reichen diese Erfahrungen bis in die Anfänge der Eisenbahn zurück und wurden von unseren Ururgroßvätern aufgeschrieben. Aber leider entkoppeln sich im Laufe der Zeit die eingeführten Regeln bisweilen von ihrem Hintergrund und beginnen, ein Eigenleben zu führen. Da das menschliche Leben jedoch mehr als endlich ist, bedeutet dies, dass wir unsere Vorfahren nicht mehr direkt fragen können, warum sie eine bestimmte Regel so und nicht anders aufgestellt haben. Aber der Umstand, dass wir unsere Ahnen los sind, bedeutet nicht, dass wir ahnungslos sind.

Denn wenn man sich mit offenen Augen in unserem Sektor umschaut, wird man auf viele Wissensträger treffen, die einem selbst eine Menge Hintergrundinformationen geben können. Aber das steht unter einer Voraussetzung: Man muss sich trauen, zu fragen!

Bereits in der Sesamstraße lernen Kinder folgenden Liedtext:

Der, die, das, Wer, wie, was.

Wieso weshalb warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm.
1000 tolle Sachen die gibt es überall zu sehen,
Manchmal muss man fragen um sie zu verstehen.

Dieses Motto aus der Sesamstraße sollten auch wir uns immer wieder zu Herzen nehmen. Seien wir ehrlich zu uns selbst, wenn wir unsicher sind und mal etwas nicht wissen. Seien wir uns gewiss, dass wir uns keine Zacken aus der Krone brechen, wenn wir auch seit langem eingeführte Prozeduren immer mal wieder auf ihre Sinnhaftigkeit hinterfragen. Und vor allem: Verlernen wir nicht, Fragen zu stellen – so wie mein Sohn mich immer wieder mit Fragen rund um die Eisenbahn löchert und dabei für sein Alter schon eine ganze Menge Wissen aufgesaugt hat.

Dr. Felix Dschung
Consultant Bahntechnik, Furrer+Frey AG
eb-Beiratsmitglied