Ausbildungsinitiative Oberleitungsausrüster

Ralf Hickethier

Als ich mich vor rund 40 Jahren beruflich umorientiert hatte, zum damaligen Zeitpunkt hatte ich meine Berufsausbildung als Triebfahrzeugschlosser bei der Deutschen Reichsbahn abgeschlossen, kam für mich neben Lokführer und Studium auch der Beruf des Oberleitungsmonteurs in Frage. In den 1980er Jahren wurden noch mehrere hundert Kilometer pro Jahr in beiden deutschen Staaten neu elektrifiziert. Die Besonderheit war, es gab ihn noch, den Ausbildungsberuf zum Elektromonteur mit der Spezialisierung Fahr-, Freileitungs- und Erdungsanlagen in der damaligen DDR. In gut zwei Jahren wurden viele junge Menschen zum Oberleitungsmonteur ausgebildet, die die Herausforderung annehmen wollten, ein Teil des Ausbaus der Bahninfrastruktur zu sein. Einige von diesen Menschen gibt es heute noch bei den mehr als zehn Unternehmen der Oberleitungsausrüster, mehr noch, sie sind in vielen Fällen die Stützen der Montagekolonnen.

Nach dem Zusammenschluss beider deutschen Bahnen wurden Entscheidungen getroffen, die dem Ausbau der Schieneninfrastruktur nicht dienlich waren. In den 1990er Jahren gab es noch knapp 3000 Monteure zur Errichtung von Oberleitungsanlagen. Durch die Sparpolitik verschiedener Bundesregierungen beim Infrastrukturausbau und den geplanten Börsengang der DB AG mussten die Errichterfirmen sich von vielen erfahrenen Mitarbeitenden trennen, da immer weniger Baumaßnahmen realisiert wurden. Heute gibt es in der Branche nur noch etwa 1100 Oberleitungsmonteure. Wenn man sich die heutigen Herausforderungen anschaut, Ausbau des Elektrifizierungsgrades von derzeit 62 % auf 75 %, Ertüchtigung des Hochleistungskorridornetzes bis 2030 und Ersatzneubau von Oberleitungsanlagen, die in den 1950er und 1960er Jahren errichtet worden sind, sind das viel zu wenige.

Die demografische Entwicklung und die Veränderungen der Lebensvorstellungen junger Menschen verbunden mit den nicht sonderlich attraktiven Arbeitserbringungszeiten bei der Errichtung von Oberleitungsanlagen helfen den Firmen nicht bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter. Aber dennoch, es gibt sie noch, die den Weg mit uns gehen möchten und die von den Firmen ausgebildet werden.

Es gibt aber für diese jungen Menschen keine spezielle Berufsausbildung mehr. Es werden fachnahe Ausbildungen wie Betriebselektriker oder Fachkraft für Metalltechnik angeboten, die für die Oberleitungsausrüster eine Alternative darstellen. Im Rahmen dieser Berufsausbildung haben Auszubildende von der Oberleitung nichts gelernt. Nach der Berufsausbildung werden die Gesellen in den Kolonnen eingesetzt, in der Hoffnung, dass sie in maximal sechs Jahren über Learning By Doing zum Oberleitungsmonteur heranwachsen. Für uns, als Verantwortliche der Errichterunternehmen, dauerte das zu lange und es ist kein haltbarer Zustand.

Da es offensichtlich keine Möglichkeit gibt, das Berufsbild als ordentlichen Ausbildungberuf wieder einzuführen, gehen nunmehr Errichterfirmen einen eigenen Weg. Gemeinsam mit dem Verband der Bahnindustrie (VDB) haben sich sieben Mitgliedsunternehmen und die Bahnbaugruppe zusammengeschlossen, um die Ausbildungsinitiative Oberleitungsausrüster (AOLA) zu starten. Die Zielstellung ist klar: Bringe den jungen Menschen in einer konzentrierten und strukturierten Form das Handwerk der Oberleitungsmontage bei, um sie nach Abschluss der Ausbildung schneller und effektiver als ausgebildete und zertifizierte Fachkräfte in die Unternehmen und in die Montagekolonnen zu entsenden.

Es ergeben sich drei Profiteure: Der Mitarbeiter selbst, der sehr schnell im Unternehmen in der Verantwortung, aber auch finanziell weiterkommen wird, das Errichterunternehmen, welches einen zielgerichtet ausgebildeten Mitarbeitenden erhält und die Kunden, die schneller die vorgegebenen politischen Ziele erfüllen können.

Aufgrund der immer rasanter werdenden gesellschaftlichen und persönlichen Veränderungen werden junge Menschen viel schneller und öfter ihr berufliches Leben verändern, sie werden öfter den Ort und den Job wechseln. Das heißt Mitarbeiter mit zehn, 20 oder mehr Jahren Berufserfahrung werden rar. Diese Fachausbildung soll den Grundstein dafür legen, um diesen Veränderungen entgegenzutreten.

Begonnen haben wir dieses Ausbildungsjahr mit 16 Auszubildenden. Gemeinsam erarbeitete Schulungsmodule sollen getestet werden. Ziel ist, künftig 40 Interessierten pro Jahr ausszubilden.

Und im Übrigen habe ich mich damals für das Studium entschieden und bin im Anschluss bei einem Ausrüsterunternehmen als Projektleiter im Oberleitungsbau in mein neues Berufsleben eingestiegen. Ich bereue keinen Tag, diesen Schritt gegangen zu sein.


Ralf Hickethier
Geschäftsführer
SPL Powerlines Germany GmbH