• Schutz • System • Oberleitungen • Projekte • Betrieb • Bahnenergieversorgung ISSN 0013-5437 // B 2580 // Jahrgang 122 // www.eb-info.eu 4 2024 • In Memoriam Uwe Behmann • Chemnitzer Viadukt • dcrps 2024 – Ein Rückblick • Auflaufbedingungen bei Weichenfahrdrähten – horizontale Kräfte am Stromabnehmer • Treibhausgasemissionen beim Bau von Oberleitungsanlagen • Überarbeitung der TSI Energie – Auswirkungen für die Anwender • Straßenbahn Dresden – Quo vadis Energiebedarf? • Energieeffiziente Anlagen für Gleichrichterunterwerke eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
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121 Editorial 122 (2024) Heft 4 Hundert Prozent elektrifizieren? Sollen Bahnnetze zu 100% elektrifiziert werden? Bekanntlich wurde dieses Ziel in der Schweiz in den 1960er Jahren erreicht. Inzwischen hat Luxemburg diesen Wert auch nahezu erreicht. Ist die vollständige Elektrifizierung also ein Luxus, den sich nur reiche Länder leisten können und sollen? Die Überlegenheit des elektrischen Antriebs ist weitestgehend unbestritten. Dies gilt in Bezug auf Leistungsfähigkeit, Energieeffizienz, Emissionsfreiheit, geringen Wartungsaufwand und Lärm. Aber, wie soll die elektrische Energie dem Antrieb zugeführt werden? Bei Speicherung der Energie auf dem Fahrzeug kann zumindest teilweise auf eine durchgehende Energieinfrastruktur entlang des Fahrweges verzichtet werden. Es soll an dieser Stelle nicht auf den Wasserstoff eingegangen werden, für welchen der Schreibende aufgrund des schlechten Wirkungsgrades, der fehlenden Versorgungsinfrastruktur und weiterer Probleme kaum Chancen für eine vernünftige Anwendung als Traktionsantrieb sieht. Besser sieht es bei der Batterietechnologie aus. Aber auch hier stellt sich die Frage: Ist das wirklich so wirtschaftlich, dass deswegen auf ambitionierte Elektrifizierungsziele verzichtet werden sollte? Dazu folgender, auf im Internet veröffentlichter Daten basierender, grober Vergleich: In einem Fall geht es um die Beschaffung von acht batterieelektrischen, zweiteiligen Triebzügen. Kostenpunkt: rund 145 Mio. EUR, also etwa 18 Mio. EUR pro Triebzug. Im anderen Fall geht es um eine Serie von 286 elektrischen Triebzügen. Das ist zwar in Bezug auf die Stückzahlen und Einmalkosten ein unfairer Vergleich, umgekehrt handelt es sich in letzterem Fall aber um Drei- und Vierteiler, also um Züge mit wesentlich größerer Kapazität. Kostenpunkt: etwas über 7 Mio. EUR pro Einheit. Wie gesagt, ein unscharfer Vergleich, auch weil die Randbedingungen in den Einsatzländern beider Vergleichsflotten unterschiedlich sind. Dennoch können diese Zahlen nun verglichen werden mit üblichen Kosten für die Elektrifizierung. Die Kennzahlen variieren stark, die Unschärfe nimmt weiter zu. Trotzdem: Bei der Flottengröße von acht Stück könnten mit der Preisdifferenz 20 bis 80 km Strecke elektrifiziert werden, bei der großen Flotte läge der entsprechende Wert irgendwo zwischen 700 und 3000 km! Egal, welche Zahlen nun die korrekten sind: Die kleine Rechnerei zeigt, dass allein mit der Differenz der Anschaffungskosten zwischen batterie- und fahrleitungsgespeisten Zügen namhafte Teile der damit befahrenen Netze elektrifiziert werden könnten. Dazu kommt, dass im Verlauf der Lebensdauer der Züge die Batterien voraussichtlich ein- bis dreimal ausgetauscht werden müssen. Die meisten Komponenten der Elektrifizierung haben dagegen eine viel höhere Lebensdauer und sind an deren Ende fast vollständig recyclebar. Und dann wäre da noch der bessere Wirkungsgrad der elektrifizierten Bahn … Dennoch hat die Batterietechnologie zweifellos ihre Berechtigung, einerseits für Spezialfälle wie zum Beispiel die Last-Mile, und andererseits als Übergangstechnologie. Eine solche wird es wohl brauchen, denn, um auf die Schweiz zurückzukommen: Trotz eindeutiger Überlegenheit der Elektro- gegenüber der damals maßgebenden Dampftraktion, hatte die Elektrifizierung mehr als 40 Jahre in Anspruch genommen. Aber sollte deswegen das Ziel einer Vollelektrifizierung aufgegeben werden? Schauen wir noch in ein ganz anderes Land: Indien hat sich vorgenommen, sein riesiges, breitspuriges Netz vollständig zu elektrifizieren. Und hat dieses Ziel per Ende 2023 bereits zu 93% erreicht! Nun gehört Indien, im Gegensatz zur Schweiz und zu Luxemburg, gemessen am Pro-Kopf-Einkommen, nicht zu den reichen Ländern. Vollelektrifizierung, ein Luxus nur für reiche Länder? Wir täten gut daran zu analysieren, warum Indien das kann, und wir im reichen Europa nicht (mehr). Wenn Sie diese Zeilen lesen, wird in Luzern die Electrosuisse-Bahntagung 2024 über die Bühne gehen. Eine Gelegenheit, sich über aktuelle Themen zu informieren und auszutauschen. Die elektrische Traktion, sei es nun aus Batterien oder aus Fahrleitungen, wird auch bei dieser Ausgabe der Tagung einen roten Faden bilden. Fortschritte gibt es bei beiden und sind kurz- und mittelfristig hochwillkommen. Jedoch es gibt kaum Perspektiven, die es ratsam erscheinen lassen, das längerfristige Ziel einer Vollelektrifizierung aus den Augen zu verlieren. Martin Aeberhard Geschäftsleiter und Mitinhaber Railectric GmbH Mitglied Programmkomitee der Electrosuisse-Bahntagung eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
122 Inhalt 122 (2024) Heft 4 Editorial M. Aeberhard Hundert Prozent elektrifizieren? 121 Fokus In memoriam Uwe Behmann 124 Leserforum 125 Chemnitzer Viadukt 126 dcrps 2024 – Ein Rückblick 128 Fachwissen E. Jänsch, R. Puschmann, U. Resch Auflaufbedingungen bei Weichenfahrdrähten – horizontale Kräfte am Stromabnehmer 132 Conditions of run-on contact wires on turnouts – horizontal forces on pantograph Conditions de glissement avec les fils de contact au dessus des aiguillages – forces horizontales exercées sur le pantographe N. Brunner, M. Meusburger, S. Pitscheider, F. Sternath Treibhausgasemissionen beim Bau von Oberleitungsanlagen 142 Greenhouse gas emissions during the construction of overhead line systems Émissions de gaz à effet de serre lors de la construction de de lignes aériennes de contact 4 / 2024 eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
Inhalt Praxiswissen K. Leithner, T. Dreßler Überarbeitung der TSI Energie – Auswirkungen für die Anwender 148 TSI Energy 2023 – implications for users STI Énergie 2023 – conséquences pour les utilisateurs F. Gliech, J. Thiede, A. Trillmich Straßenbahn Dresden – Quo vadis Energiebedarf? 154 Dresden tram – Quo vadis energy demand? Tramway de Dresde – Quo vadis des besoins énergétiques? C. Backhaus Energieeffiziente Anlagen für Gleichrichterunterwerke 158 Energy efficient systems for rectifier substations Equipements économes en énergie pour les sous-stations à redresseurà courant continu Journal 162 Impressum 168 Termine U3 Als unabhängiges Familienunternehmen verbinden wir mit unseren Fahrleitungssystemen seit über 100 Jahren Orte und Menschen. Unser Anspruch ist es, gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden innovative, massgeschneiderte und nachhaltige Fahrleitungslösungen zu realisieren und die Mobilitätsmodelle von morgen aktiv mitzuentwickeln und mitzugestalten. Im Vertrauen auf unsere Erfahrung und auf unsere Innovationskraft. furrerfrey.ch © Furrer+Frey/ SBB CFF FFS; Heitersbergtunnel VERTRAUEN VERBINDET. eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
124 Fokus 122 (2024) Heft 4 In memoriam Uwe Behmann Am 15. März 2024 verstarb unerwartet Dipl.-Ing. Uwe Behmann kurz vor seinem 88. Geburtstag. Die Bahnwelt verliert mit ihm einen ausgewiesenen Experten auf dem Gebiet der elektrischen Bahnen. Uwe Behmann, 1936 in Hannover geboren, hat sein Berufsleben ganz der Bahn gewidmet. Er hat an der Technischen Hochschule Hannover Starkstromtechnik studiert und anschließend von 1963 ununterbrochen bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben 1998 bei der Deutschen Bundesbahn und bei der Deutschen Bahn gearbeitet. Zunächst bei den elektrischen Triebfahrzeugen eingesetzt, übernahm er ab 1973 leitende Funktionen für Elektrotechnik, den elektrischen Bahnbetrieb und zuletzt für die Fahrzeuginstandhaltung in Saarbrücken. In den 1980er Jahren nahm er einen Lehrauftrag für Elektrische Bahnen an der Universität Kaiserslautern wahr. In dieser Zeit war er zusätzlich für die damalige DE-Consult, heute DB Engineering & Consulting, und die Kreditanstalt für Wiederaufbau, heute KfW-Bankengruppe, für Machbarkeitsstudien in Thailand und in der Türkei tätig. Er wirkte mit am Energieversorgungskonzept für die Schnellfahrstrecke Madrid – Sevilla. Des weiteren leitete er einen Workshop im chinesischen Eisenbahnministerium zum Thema Bahnenergieversorgung über Umrichter. Für die Zeitschrift eb − Elektrische Bahnen verfasste Uwe Behmann 1963 erste eigene Beiträge. Im Jahre 1990 bestimmte sein damaliger Vorgesetzter Wolfgang Harprecht, der auch leitender Herausgeber der Zeitschrift war, dass er die Funktion des Chefredakteurs übernehmen solle. Die Redaktion der eb war zu dieser Zeit fest in der Hand von Mitarbeitern der Deutschen Bundesbahn. Sie hatte damals großes Interesse, Geschäftsentwicklung und Wissen in der eb zu konservieren und dieses einem großen Expertenkreis zur Verfügung zu stellen. Mit der Bahnreform und den damit einhergehenden Umbrüchen wurde es zunehmend schwierig, die eb am Leben zu halten. Nach dem Ausscheiden von Harprecht 1993 als Herausgeber ließ die Unterstützung der Deutschen Bahn für die Zeitschrift nach. Viele Redakteure mit DBHintergrund mussten aufgrund der täglichen Arbeitslast ihre Mitarbeit einstellen. Mit Unterstützung der Industrie und aufgrund der Tatsache, dass für die eb neue Autoren aus dem Osten Deutschlands aktiv wurden, gelang es Uwe Behmann, die Zeitschrift durch die kritische Zeit zu führen und zu stabilisieren. Ein besonderer Verdienst Uwe Behmanns war, dass die jährlichen Berichte zum elektrischen Betrieb bei der DB fortgeführt und ausgebaut wurden. Ihm gelang es, Schwerpunkthefte beispielsweise zu den Themen Umrichter und Magnetbahnen zu gestalten und genügend Autoren dafür zu gewinnen. Aufgrund seiner Branchenkenntnis und seiner Kontakte gelang es ihm, die eb inhaltlich breit aufzustellen. Unter den Autoren war Uwe Behmann zugleich beliebt und gefürchtet. Eingereichte Manuskripte nahm er sehr genau unter die Lupe und modifizierte diese stilistisch, wenn es ihm erforderlich schien. Sein Ziel war, dass die Zeitschrift als Ganzes gesehen wird und die Aufsätze auch vom Vokabular her untereinander verständlich und vergleichbar sind. Grafiken und Diagramme wurden normenkonform bearbeitet und vereinheitlicht. Vereinzelt musste der Maßstab im Druck stimmen. Die meisten Autoren waren ihm für die Hinweise und die Überarbeitung dankbar. Dieses Vorgehen führte dazu, dass die eb bis heute unter den Fachzeitschriften ein Alleinstellungsmerkmal besitzt. Uwe Behmann gab die Schriftleitung Anfang 2003 auf eigenen Wunsch hin ab. Bis zuletzt war Uwe Behmann Redaktionsmitglied, verfasste eigene Aufsätze insbesondere auch mit historischem Bezug, durchforstete die frühen Ausgaben der Zeitschrift und gab ausgewählte Aufsätze als Reprints in der Buchserie „Elektrische Bahnen – Entwicklung, Bau und Betrieb der letzten 100 Jahre“ heraus. Seine letzte Zuarbeit für die eb lieferte er im Februar 2024. Die Fachwelt vermisst einen großen Experten und die eb einen langjährigen Unterstützer. Thomas Groh Prof. Dr. Steffen Röhlig Federführender Chefredakteur Herausgeber Foto: privat eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
Fokus Leserforum Ihre Meinung ist gefragt. Senden Sie Kommentare und Diskussionsbeiträge bitte per Post oder E-Mail an leserforum@eb-info.eu. Work-Life-Balance und Elektrotechnik zu eb Heft 3/2024, Seite 73 Zu dem Beitrag schrieb Georg Schwach, Villingen, der Redaktion: Es ist alles richtig, was Sie hier schreiben, jedoch meine ich, dass die Ursache für die Misere tiefer liegt. Ursprünglich hatte ich an der damaligen TH Karlsruhe Elektrotechnik studiert, habe mich jedoch nach dem Grundstudium entschieden, Mathematik- und Physiklehrer zu werden, als welcher ich über Jahrzehnte an diversen weiterführenden Schularten sowie in der Lehreraus- und -weiterbildung tätig gewesen bin. Das Grundproblem liegt aus meiner Sicht darin, dass einerseits politisch gewollt die Anforderungen in Mathematik in der Oberstufe des Gymnasiums in den meisten Bundesländern deutlich abgesenkt worden sind, wobei zulasten eines breiten Grundlagenwissens in der linearen Algebra sowie der Vektoranalysis zunehmend Spezialitäten betrachtet werden, die später unerheblich sind, andererseits immer weniger junge Mathematiklehrer als Ersatz für die pensionierten Lehrer zur Verfügung stehen. Einem in der Badischen Zeitung veröffentlichten Beitrag war zu entnehmen, dass die nunmehr der Universität Freiburg unterstellte dortige Pädagogische Hochschule, an der jetzt die gesamte Lehrerausbildung von der Grundschule zur Oberstufe des Gymnasiums zusammengezogen ist, noch 15% der durch Pensionierung freiwerdenden Stellen von Mathematiklehrern an der gymnasialen Oberstufe zu ersetzen vermag. All dies hat unweigerlich Auswirkungen für ein Studium der Elektrotechnik an einer Technischen Hochschule oder einer Technischen Universität mit im Vergleich zu anderen Disziplinen deutlich höheren Anforderungen bezüglich der Klausuren „Höhere Mathematik“ im Grundstudium, dass ein Großteil der heutigen Abiturienten einem Studium der Elektrotechnik nicht gewachsen ist. Ich erinnere mich heute noch, dass damals an der TH Karlsruhe in einer jeden der vier zu schreibenden Klausuren „Höhere Mathematik“ grundsätzlich die Hälfte der Kandidaten nicht bestanden hat, womit unter Einrechnung der Wiederholer von etwa 200 Elektrotechnikstudenten schließlich noch etwa 50 übriggeblieben sind. ... Kontakte zum jetzigen KIT Karlsruhe (besagen) ..., dass sich diesbezüglich bis heute nichts geändert hat. eb PRINT oder eb DIGITAL für 455 € eb PRINT und eb DIGITAL zusammen für 680 € mehr Informationen auf eb-info.eu eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
126 Fokus 122 (2024) Heft 4 Chemnitzer Viadukt Als Teil des Chemnitzer Bahnbogens und damit der Sachsen-Franken-Magistrale wurde im März 2024 auf dem Chemnitzer Viadukt das zweite Gleis in Betrieb genommen. Die Instandsetzung erforderte einen Kompromiss aus verkehrlichen Anforderungen und dem Denkmalschutz. Die Sachsen-Franken-Magistrale erstreckt sich über 288 km und verbindet mit den Streckenabschnitten Dresden – Hof und Leipzig – Werdau die Bundesländer Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt mit den Ländern Bayern und Baden-Württemberg. Die Strecken werden grundlegend erneuert, um sie an die geltenden technischen Anforderungen und an die künftigen Anforderungen des Personennah- und Fernverkehrs sowie des Güterverkehrs anzupassen (Bild 1). Dabei werden 850 km Gleise umgebaut, 900 km Oberleitungen erneuert, 52 Bahnhöfe und Haltepunkte modernisiert, 32 elektronische Stellwerke errichtet sowie 233 Eisenbahnbrücken saniert und erneuert. Mit den umfassenden Ausbaumaßnahmen wird die zulässige Geschwindigkeit von 120 km/h auf eine Entwurfsgeschwindigkeit von 160 km/h erhöht. Somit können Reise- und Transportzeiten, zum Beispiel Dresden – Hof von 3:27h auf 2:30h verkürzt werden. Mit der Inbetriebnahme des zweiten Gleises auf dem Chemnitzer Viadukt am 23. März 2024 sind große Teile der Arbeiten zur denkmalgerechten Ertüchtigung des Brückenbauwerkes abgeschlossen. Der 275m lange Flussstahl-Viadukt mit zwei Bogenbrücken und zehn Balkenfeldern wurde 1908 viergleisig als Teil des Chemnitzer Bogens fertiggestellt. 1945 wurden zwei Gleise als Reparation rückgebaut. Ein durch DB Netz ins Leben gerufener Fachbeirat erstellte einen Kompromiss aus Einhaltung der betrieblichen, technischen sowie der gesetzlichen Vorgaben an eine leistungsfähige Schienen-Infrastruktur und Vorgaben des Denkmalschutzes. Der Fachbeirat verständigte sich auf einen sogenannten Weiterbau. Die zwei Gleise wurden in Schotter auf einer neu errichteten Stahlbetonplatte verlegt (Bild 2). Die inneren, statisch weit überlasteten Balken der Überbauten wurden durch neue Träger ersetzt. Die äußeren Überbauten sowie die sichtbaren Teile der Brückenkonstruktion blieben ihrem Charakter nach weitestgehend erhalten. So kann auf der gesamten Länge des Viadukts auf die sonst gesetzlich erforderlichen Lärmschutzwände verzichtet werden. Die Bogenbereiche werden durch verschiedene Verstärkungen ertüchtigt (Bild 3). Großflächige Betonhohllagen mit Rissbildung und Betonabplatzungen an allen Fundamenten erforderten eine fachgerechte Ertüchtigung. Starke Abrostungen, zum Teil mit Lochfraß infolge Schädigung der Korrosionsschutzbeschichtung und Moosbefall, sowie Spaltkorrosion an den Verbänden führten zum Austausch und Verstärkung einzelner genieteter Bauteile. Freital Ost Dresden Tharandt Edle Krone Klingenberg-Colmnitz Niederbobritzsch Frankenstein Oederan Flöha Böhlen Neukieritzsch fertiggestellt im Bau in Planung Deutzen Regis-Breitingen Altenburg Lehndorf Paditz Gößnitz Crimmitschau Niederwiesa Ch.-Siegmar Wüstenbrand Hohenstein-Ernstthal St. Egidien Pölbitz Mosel Lichtentanne Neumark Reichenbach / V Herlasgrün Jocketa Mehltheuer Schöneberg Reuth Gutenfürst Grobau Freiberg Chemnitz MarkkleebergGaschwitz Dresden Hof Werdau Leipzig Plauen Treben-Lehma Glauchau Oberrothenbach Zwickau Dresden Ost mit Nossener Brücke Dresden-Plauen Gaschwitz – Böhlen Böhlen Werke – Neukieritzsch Neukieritzsch – Regis-Breitingen Altenburg – Padiz Padiz – Lehndorf Lehndorf – Gößnitz Knoten Gößnitz Überholgleise Werdau Markkleeberg-Gaschwitz Chemnitzer Viadukt Knoten Chemnitz Chemnitzer Bahnbogen Knoten Zwickau Bild 1: Übersicht Sachsen-Franken-Magistrale (Grafik: DB, bearb. eb). Bild 2: Ansicht des Chemnitzer Viaduktes mit Betonwanne (Grafik: DB AG / Urheber: vectorvision). eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
132 Fachwissen Fahrleitung 122 (2024) Heft 4 Auflaufbedingungen bei Weichenfahrdrähten – horizontale Kräfte am Stromabnehmer Eberhard Jänsch, Schöneck; Rainer Puschmann, Igensdorf; Uwe Resch, Frankfurt Im Netz der Deutschen Bahn trat am Zweiggleisfahrdraht über Weichen ein übermäßiger Fahrdrahtverschleiß auf, ausgelöst durch horizontal wirkende Kräfte an der Wippe. Diese entstehen, wenn der Fahrdraht, bezogen auf den höchsten Punkt der Wippe, tiefer als 26mm aufläuft. Auch die Wippenkonstruktion kann dort zu Schädigung des Fahrdrahts führen. Um die Kraftwirkung zu minimieren, sind besonderer Anforderungen an das Zusammenwirken von Oberleitung und Stromabnehmer im Bereich von Weichen zu stellen. Conditions of run-on contact wires on turnouts – horizontal forces on pantograph In the Deutsche Bahn network, excessive contact wire wear occurred on the branch track contact wire over switches, triggered by horizontal forces acting on the rocker. These occur when the contact wire runs deeper than 26mm relative to the highest point of the rocker. The rocker construction can also lead to damage to the contact wire. In order to minimize the force effect, special requirements must be placed on the interaction of overhead lines and pantographs in the area of switches. Conditions de glissement avec les fils de contact au dessus des aiguillages – forces horizontales exercées sur le pantographe Sur le réseau de la Deutsche Bahn, une usure excessive du fil de contact a été constatée sur celui des voies de dérivation au-dessus des appareils de voie, générée par des forces horizontales agissant sur l'archet. Celle-ci se produit lorsque le fil de contact est placé à plus de 26mm par rapport au point le plus élevé de l'archet. La structure de l'archet peut alors également endommager le fil de contact. Afin de minimiser l’impact de cette force, des exigences particulières doivent être imposées à l’interaction entre la ligne aérienne et le pantographe au droit des aiguillages. 1 Einleitung An einigen Weichen im Netz der Deutschen Bahn (DB) beobachten die Anlagenverantwortlichen (ALV) einen übermäßigen Verschleiß des Fahrdrahtes über dem Zweiggleis (Bild 1). Als Ursache dieses Verschleißes ließen sich große horizontal wirkende Kräfte feststellen. Diese Kräfte schädigen den Fahrdraht und die mechanische Konstruktion des Stromabnehmers. Ziel ist, Anforderungen an das Zusammenwirken von Oberleitung und Stromabnehmern mit nicht-kontinuierlichen Wippenprofilen zu formulieren, um künftig den Fahrdrahtverschleiß zu senken. 2 Zusammenwirken von Oberleitung und Stromabnehmer 2.1 Grundlagen Mit der Einführung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs in Deutschland rückte das dynamische Zusammenwirken von Oberleitung und Stromabnehmer in den Blickpunkt. Stromabnehmer mit einzeln gefederten Schleifstücken und Aluminiumträgern reduzierten die dynamisch wirkenden Massen deutlich. Jedoch trat im Betrieb des ICE 1 bei den Federbeinen des Stromabnehmers DSA350S ein starker Verschleiß auf, welcher sich mit dem Stromabnehmertyp Bild 1: Verschleiß am Zweiggleisfahrdraht im Bereich von Weichen (alle Bilder: Autoren, teilw. bearb. eb). eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
plassertheurer.com „Plasser & Theurer“, „Plasser“ und „P&T“ sind international eingetragene Marken HOCHLEISTUNG I PRÄZISION I ZUVERLÄSSIGKEIT Maschinen der Plasser CatenaryCrafter-Serie sind Spezialisten im Bereich Oberleitungsbau und Instandhaltung sowie bei Inspektion und Intervention. Ausstattung, Maschinengröße und Antrieb lassen sich hochgradig konfigurieren – entsprechend dem vorgesehenen Einsatzszenario. Plasser CatenaryCrafter können emissionsfrei mit Energie aus Oberleitung und Batterie oder mittels Dieselmotor betrieben werden. Auch Kombinationen dieser Energiequellen sind möglich. Mit hoher Traktionsleistung und Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 120 km/h sorgt der CatenaryCrafter für die netzweite Betriebssicherheit und ist schnell an jedem Einsatzort. Die neue Generation von Instandhaltungsmaschinen
142 Fachwissen Energie 122 (2024) Heft 4 Treibhausgasemissionen beim Bau von Oberleitungsanlagen Norbert Brunner, Marco Meusburger, Stefan Pitscheider, Felix Sternath, Wien (AT) Derzeit werden Eisenbahninfrastruktur-Ausbauprojekte primär aufgrund verkehrlicher, technischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte bewertet und optimiert. Da sich die Bundesregierung Österreichs infolge internationaler Klimaabkommen verpflichtet hat, Österreich und damit auch den Verkehrssektor bis 2040 klimaneutral zu gestalten, ist es auch für das System Eisenbahn wichtig, die im Zusammenhang mit dem Bau von neuen Eisenbahninfrastrukturen emittierten Treibhausgase zu kennen und folglich wirksam zu reduzieren. Dieser Aspekt wird beispielhaft mit dem Fokus auf Oberleitungsanlagen betrachtet. Greenhouse gas emissions during the construction of overhead line systems At present, railway infrastructure expansion projects are primarily evaluated and optimised on the basis of transport, technical and economic aspects. As the Austrian federal government has committed to making Austria, and therefore the transport sector, climate-neutral by 2040 as a result of international climate agreements, it is also important for the railway system to be aware of the greenhouse gases emitted in connection with the construction of new railway infrastructure and consequently to reduce them effectively. This aspect is considered as an example with a focus on overhead line systems. Émissions de gaz à effet de serre lors de la construction de de lignes aériennes de contact Actuellement, les projets d’extension de l’infrastructure ferroviaire sont évalués et optimisés en premier lieu sur la base de considérations de trafic, techniques et économiques. A la suite d’accords internationaux sur le climat, le gouvernement fédéral autrichien s’est engagé à rendre l’Autriche, et donc le secteur des transports, climatiquement neutre d’ici 2040. Il est donc important pour le système ferroviaire de connaître les gaz à effet de serre émis dans le cadre de la construction de nouvelles infrastructures ferroviaires et, par conséquent, de les réduire efficacement. Cet aspect est examiné à titre d’exemple en se concentrant sur les installations de lignes aériennes de contact. 1 Einführung Die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH (SCHIG mbH) ist im Auftrag des österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) in den Prozess der strategischen Infrastrukturentwicklung für österreichische Eisenbahnprojekte eingebunden. Aus dieser Tätigkeit ergab sich der Wunsch, eine standardisierte Methode zu entwickeln, mit welcher die Treibhausgasemissionen im Zusammenhang mit dem Bau neuer Eisenbahninfrastrukturen bereits in einem frühen Planungsstadium abschätzbar sind. Die Kenntnis der im Zusammenhang mit dem Bau von Eisenbahninfrastrukturen emittierten Treibhausgase und deren mögliche wirksame Reduktion ist auch notwendig, obwohl das System Eisenbahn, bezogen auf die Betriebsphase, erhebliche Vorteile hinsichtlich der Treibhausgasbilanz im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern beziehungsweise Verkehrsarten aufweist. Es gilt also zu verstehen, wo das System Eisenbahn weiter verbessert werden kann. An dieser Stelle kristallisiert sich als weiterer Parameter die „Ökobilanzierung“ betreffend Treibhausgasemissionen heraus, die auch im einschlägigen Fachdiskurs zusehends als Ergänzung verkehrlicher, technischer und wirtschaftlicher Betrachtungen erkannt wird. Das Ziel der Ökobilanzierung ist, umwelt- beziehungsweise konkret klimafreundliche Lösungen, in diesem Fall hinsichtlich der Auswahl von Baumaterialien, Baumethoden, undsoweiter zu identifizieren und anzuwenden. Die SCHIG mbH hat zur Bearbeitung diverser Fragestellungen das proaktive Forum „Internes Expertenforum der SCHIG mbH“ (InES) eingerichtet. In diesem Rahmen befassen sich Expertinnen und Experten der SCHIG mbH und regelmäßig auch der ÖBB-Infrastruktur AG mit Themen, welche das System Eisenbahn verbessern und einen nachhaltigen Nutzen für den Eigentümer, das BMK, sowie für die Endkundschaft erzielen. Das dazu einberufene Projektteam hat sich im Zuge dieses Forums 2021 die Aufgabe gestellt, die durch den Bau von Eisenbahninfrastrukturen entsteeb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
148 Praxiswissen Interoperabilität 122 (2024) Heft 4 Überarbeitung der TSI Energie – Auswirkungen für die Anwender Klaus Leithner, Linz (AT); Thomas Dreßler, Essen Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2023/1694 der Kommission wurden auch Änderungen und Klarstellungen der Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität des Teilsystems Energie (Verordnung (EU) Nr. 1301/2014, Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2018/868 und Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2019/776) bekannt gegeben. Die Anwender müssen sich mit jeder Änderung im Detail auseinandersetzten und die Auswirkungen auf zukünftige Konformitätsbewertungen der Interoperabilitätskomponente Oberleitung und auf die EG-Prüfung des Teilsystems Energie bewerten. TSI Energy 2023 – implications for users Commission Implementing Regulation (EU) No. 2023/1694 also announced amendments and clarifications to the Technical Specification for Interoperability relating to the energy subsystem (Regulation (EU) No. 1301/2014, Implementing Regulation (EU) No. 2018/868 and Implementing Regulation (EU) No. 2019/776). Users must analyse each amendment in detail and assess the impact on future conformity assessments of the interoperability constituent overhead contact line and on the EC verification of the subsystem energy. STI Énergie 2023 – conséquences pour les utilisateurs Le règlement d’exécution (UE) No2023/1694 de la Commission a entre autres annoncé des modifications et des clarifications concernant les spécifications techniques d’interopérabilité relatives au sous-système énergie (règlement (UE) No1301/2014, règlement d’exécution (UE) No2018/868 et règlement d’exécution (UE) No 2019/776). Les utilisateurs doivent examiner chaque modification en détail et évaluer leur impact sur la future évaluation de la conformité du constituant d’interopérabilité ligne aérienne de contact et sur la vérification CE du sous-système énergie. 1 Einführung Am 8. September 2023 wurde im Amtsblatt L222 der Europäischen Union die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2023/1694 der Kommission vom 10. August 2023 [1] unter anderem zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1301/2014 (TSI Energie) [2] veröffentlicht. Diese Änderung der TSI Energie (TSI ENE) ist mittlerweile die dritte Änderung seit ihrer Veröffentlichung im Jahr 2014. 2018 wurde die TSI ENE hinsichtlich der Bestimmungen über Energiemesssysteme und Energiedatenerfassungssysteme geändert. Die Änderung im Hinblick auf die Angleichung an die Neufassung der InteroperabilitätsRichtlinie (EU) Nr. 2016/797 wurde 2019 umgesetzt [3]. Im Dezember 2023 hat die Eisenbahnagentur der Europäischen Union (ERA) den Anwendungsleitfaden zur TSI ENE [4], in Englisch, veröffentlicht. Seit Januar 2024 ist eine konsolidierte Fassung der TSI ENE verfügbar [5]. Die meisten inhaltlichen Änderungen betreffen das Bahnenergieversorgungssystem. Für die Bewertung der Interoperabilitätskomponente Oberleitung sind die festgelegten Änderungen nur unwesentlich. Bild 1: Ablauf der Revision der Technischen Spezifikationen (alle Bilder: Autoren). eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
154 Praxiswissen Bahnenergieversorgung 122 (2024) Heft 4 Straßenbahn Dresden – Quo vadis Energiebedarf? Florian Gliech und Jens Thiede, Dresden; Andreas Trillmich, Görlitz Steigende Energiepreise erhöhen den Druck, Ressourcen zu schonen. Neben der Verbesserung der Klimabilanz hilft jede Einsparung, die Kosten für die Erbringung des ÖPNV zu senken. Dabei steht auch in Dresden die Elektroenergie im Fokus, nicht zuletzt wegen den spürbaren Preissteigerungen in den letzten Jahren. Dresden tram – Quo vadis energy demandf ? Rising energy prices increase the pressure to conserve resources. In addition to improving the climate balance, every saving helps to reduce the costs of providing public transportation. In Dresden, electric energy is also a focus, not least due to the noticeable price increases in recent years. Tramway de Dresde – Quo vadis des besoins énergétiques? L’élévation des prix de l’énergie accroît la pression pour économiser les ressources. En plus d’améliorer le bilan climatique, chaque économie contribue à réduire les coûts liés à la fourniture d'énergie aux transports en commun. À Dresde, l’énergie électrique est également au centre des préoccupations, notamment en raison des élévations de prix perceptibles au cours des dernières années. 1 Einführung Der VDV hat im September 2022 das Positionspapier „Energieeffizienz“ publiziert. Darauf aufbauend ergeben sich die Handlungsfelder des energieeffizienten Betriebs von Straßen- und Stadtbahnen. Am 13. November 2023 wurde vom Bundestag das Energieeffizienzgesetz beschlossen. Dies hat unter anderem zum Ziel, den Primär- und Endenergieverbedarf zu reduzieren. Bei der Bewertung zur Energieeffizienz sind Fragen der Fahrzeugauslegung und -bedienung, der Topologie des Bahnenergieversorgungsnetzes sowie des Zusammenwirkens von Fahrzeugen und Infrastruktur zu betrachten. Mit insgesamt 45,7 GWh haben die Straßenbahnen der Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB) im Jahr 2022 bei einer Fahrleistung von 12,6Mio. km so wenig Elektroenergie zum Fahren und Heizen verbraucht wie seit den 1990er Jahren nicht (Bild 1). Das hat nicht nur wirtschaftliche Vorteile. Zwar beziehen die DVB seit 2021 ausschließlich emissionsfrei erzeugte Energie von der SachsenEnergie AG, aber jede nicht in Anspruch genommene Kilowattstunde kann anderen Elektroenergiekunden anstelle von fossiler Energie zur Verfügung gestellt werden. 2 Energieeffizienz Vor dem Hintergrund der erzielten Erfolge bei der Optimierung der Bahnenergieversorgung und der Energiepreisentwicklung am Markt entschloss sich die DVB, weitere Energie-Effizienzpotenziale zu generieren. Um Kompetenzen zu bündeln und Synergien zu nutzen, entschied man sich, diese Herausforderungen im Rahmen eines Kooperationsprogramms gemeinsam mit der Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH (LVB) und der Chemnitzer Verkehrs-AG (CVAG) zu bewältigen. Die Steuerung dieses Kooperationsprogramms mit dem Namen SUMO (Sächsische Unternehmensallianz Mobilität) erfolgt durch einen externen Programm-Manager. 47 49 51 53 55 57 59 61 63 GWh t 2009 58,8 63,3 59,0 56,6 55,4 52,0 50,7 51,4 50,1 50,3 48,5 47,0 48,1 45,7 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 E Bild 1: Traktionsenergiebedarf Straßenbahn zwischen 2009 und 2022 (alle Bilder: DVB, bearb. eb). eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
158 Praxiswissen Bahnenergieversorgung 122 (2024) Heft 4 Energieeffiziente Anlagen für Gleichrichterunterwerke Christian Backhaus, Berlin Die Nutzung von Abwärme durch Wasserkühlung in Industrieanlagen ist eine effiziente Methode, um Energie zu recyceln und Kosten zu senken. Durch den Einsatz von Wasserkühlungssystemen kann die Abwärme, die bei industriellen Prozessen entsteht, aufgefangen, gespeichert und zur Beheizung von Gebäuden oder zur Warmwasserversorgung genutzt werden. Dadurch werden die Umweltbelastungen (Lärm, Warmluft) reduziert, die Nachhaltigkeit der Anlagen verbessert und die Betriebskosten reduziert. Die bisher genutzten Gleichrichterunterwerke (GUw) nutzen diese Technik nicht. Hier sollte ein Umdenken starten. Energy efficient systems for rectifier substations Utilising waste heat through water cooling in industrial plants is an efficient way to recycle energy and reduce costs. By using water cooling systems, the waste heat generated by industrial processes can be captured, stored and used to heat buildings or supply hot water. This reduces the environmental impact (noise, warm air), improves the sustainability of the systems and reduces operating costs. The DC substation used to date do not utilise this technology. A rethink should start here. Equipements économes en énergie pour les sous-stations à redresseurà courant continu L’utilisation de la chaleur perdue par le refroidissement de l’eau dans les installations industrielles est une méthode efficace de recyclage de l’énergie et de réduction des coûts. L’utilisation de systèmes de refroidissement par eau permet de capter la chaleur résiduelle générée par les processus industriels, de la stocker et de l’utiliser pour le chauffage des bâtiments ou l’approvisionnement en eau chaude. Cela permet de réduire les nuisances environnementales (bruit, air chaud), d’améliorer la durabilité des installations et de réduire les coûts d’exploitation. Les sous stations à redresseur mises en œuvre jusqu’à présent n’utilisent pas cette technique. Une démarche sur ce sujet devrait être amorcée. 1 Einführung Die bisherige Reduzierung des Energiebedarfs von Bahnenergieversorgungsanlagen bezog sich bisher unter anderem auf die Rückspeisung der Bremsenergie und das Zwischenspeichern der Energie in Batterien. Dies ist im GUW+ in Hannover umgesetzt worden [1]. Eine weitere Maßnahme, die den Energiebedarf und auch die Umweltbelastungen reduziert, kann die Nutzung der Abwärme durch Wasserkühlung in den Anlagen sein. Elpro hat beschlossen, mit den Ressourcen sparsam umzugehen und die Umweltauswirkungen so gering wie möglich zu halten. Unter anderem wurde das Umweltmanagement nach [2] eingeführt, was zu einer planmäßigen Reduzierung der Umwelteinflüsse wie Abgase, Warmluft, Lärm, und so weiter führen soll. Hierbei werden die Umwelteinflüsse während der Lebensdauer der Anlage erfasst (Lebenswegbetrachtung). Um die Umweltbelastung durch Warmluft zu minimieren, ist es wichtig, auf nachhaltige Heizmethoden umzusteigen, die den Energiebedarf reduzieren. Luftgekühlte Elektroanlagen, wie beispielsweise luftgekühlte Transformatoren, Schaltanlagen oder elektrische Schaltgeräte, können verschiedene Umwelteinflüsse haben. Ein Aspekt, der berücksichtigt werden sollte, ist die Energieeffizienz der luftgekühlten Elektroanlagen. Effiziente Systeme erfordern weniger Energie, was zu einer geringeren Umweltbelastung führt, insbesondere wenn die Elektrizität nicht aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Der Betrieb von luftgekühlten Elektroanlagen verursacht in der Regel Lärmemissionen durch die notwendigen Lüfter und die Geräusche an den Ansaug- und Ausblasöffnungen. Dies kann sowohl die Umwelt als auch die Menschen in der näheren Umgebung beeinträchtigen. Maßnahmen zur Lärmminderung sollten in Betracht gezogen werden, um negative Auswirkungen zu minimieren. Insgesamt ist eine ganzheitliche Betrachtung der Umweltauswirkungen von luftgekühlten Elektroanlagen wichtig, um die bestmöglichen Entscheidungen im Hinblick auf Energieeffizienz, Ressourcenverbrauch und Umweltschutz zu treffen. eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
Firmenverzeichnis Gemacht für dauerhafte Geschäftsbeziehungen. Das Firmenverzeichnis auf www.eb-info.eu und in eb – Elektrische Bahnen. Rail Power Systems GmbH Garmischer Str. 35 81373 München Deutschland Telefon: +49 89 41999-0 Telefax: +49 89 41999-270 E-Mail: info@rail-ps.com www.rail-ps.com www.rps.jobs Furrer+Frey AG Ingenieurbüro, Fahrleitungsbau Thunstrasse 35, Postfach 182 3000 Bern 6 Schweiz Telefon: +41 31 35761-11 Telefax: +41 31 35761-00 www.furrerfrey.ch DEHN SE Hans-Dehn-Str. 1 92318 Neumarkt Deutschland Telefon: +49 9181 906-0 Telefax: +49 9181 906-1100 E-Mail: railway.technology@dehn.de www.dehn.de European Trans Energy Spezialist im Bereich Fahrleitungen Emil-Fucik-Gasse 1 1100 Wien Österreich Telefon: +43 1 93466870 Telefax: +43 1 93466875109 E-Mail: contact@europten.com www.europten.com Rhomberg Fahrleitungsbau GmbH IZ-NÖ Süd, Straße 3, Objekt M1/II 2351 Wiener Neudorf Österreich Telefon: +43 2236 90400-0 Telefax: +43 2236 904002017 E-Mail: office.rhofl@rsrg.com www.rhombergfahrleitung.at Widap AG Friesenstrasse 11 3185 Schmitten Schweiz Telefon: +41 26 4975060 Telefax: +41 26 4975069 E-Mail: info@widap.com www.widap.com SIGNON Deutschland GmbH Ein Unternehmen der DB Netz AG Elisabeth-Schwarzhaupt-Platz 1, 10115 Berlin Deutschland Telefon: +49 30 24738713 Telefax: +49 30 24738711 E-Mail: info@signon-group.com www.signon-group.com https://signon-group.com/karriere/ stellenboerse SPL Powerlines Austria GmbH Johann-Galler-Straße 39 2120 Wolkersdorf im Weinviertel Österreich Telefon: +43 2245 21212-0 E-Mail: office@powerlines-group.com www.powerlines-group.com Kummler+Matter AG Rietstrasse 14 8108 Dällikon Schweiz Telefon: +41 44 2474747 E-Mail: info@kummlermatter.ch www.kummlermatter.ch
162 Journal 122 (2024) Heft 4 Bahnen ICE 4 – Auslieferung komplett Mit der Auslieferung des 137. Zuges ist die ICE 4-Flotte der DB komplett. Der siebenteilige Triebzug 9237 wurde am 19. März 2024 in Berlin auf den Namen Spree getauft. Zugegen waren unter anderem Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der DB, Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, sowie Roland Busch, CEO der Siemens AG. Seit 2016 hat Siemens Mobility 37 siebenteilige Triebzüge als Baureihe (BR) 412.2, 50 zwölfteilige Züge als BR412.0 und 50 dreizehnteilige Züge als BR412.4 ausgeliefert. Mit insgesamt 1500 Wagen und 105000 Sitzplätzen sowie 6.Mrd. EUR Investitionen ist das größte Beschaffungsprogramm der Geschichte der DB abgeschlossen. Die 13-teiligen XXL-Züge bieten fast 1000 Sitzplätze und fahren auf den besonders stark nachgefragten Linien von Hamburg über Nordrhein-Westfalen und über die Schnellfahrstrecke Köln – Rhein/Main nach Süddeutschland. Der ICE Spree wird wie die anderen Siebenteiler vor allem zwischen Berlin und Nordrhein-Westfalen, sowie zwischen Frankfurt/Main, München, Salzburg und Klagenfurt eingesetzt. Akkumulator statt Diesel im Ortenau-Netz Seit dem 8. April 2024 werden die ersten vier Akkumulator-Triebzüge Mireo Plus B von Siemens Mobility im Fahrgastbetrieb im Netz 8 Ortenau des Landes BadenWürttemberg eingesetzt. Die Eröffnungsfahrt fand von Offenburg nach Oberkirch und zurück statt. Der Betreiber Südwestdeutsche Landesverkehrs-Gesellschaft (SWEG) setzt die zweiteiligen Akkumulator-Fahrzeuge mit 120 Sitzplätzen zunächst auf den Strecken Offenburg – Bad Griesbach und Offenburg – Hornberg ein. Sie ersetzen die dieselbetriebenen Regio Shuttle RS1. Eine Ausdehnung des Verkehrs auf die anderen Strecken des Netzes ist schrittweise geplant. Taufe des 137. ICE4 auf den Namen Spree. Mit diesem Zug ist die ICE4-Flotte komplett (Foto: DB/Oliver Lang). ICE4, das Flaggschiff der DB (Grafik: DB). Akkumulator-Triebzug Mireo Plus B im Ortenau-Netz (Foto: DB/Oliver Lang). eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
163 Journal 122 (2024) Heft 4 Im reinen Akkumulator-Betrieb auf oberleitungsfeien Strecken können die Triebzüge Mireo Plus B 120 km Reichweite erzielen. Die Lithium-Ionen-Akkumulatoren sind in zwei Containern unter dem Wagenkasten untergebracht und können an der Oberleitung und durch Nutzung der Bremsenergie geladen werden. Zusätzliche Ladeinfrastruktur wurde durch die SWEG Schienenwege in den Bahnhöfen Achern und Biberach (Baden) errichtet. Nach einer technologieoffenen Ausschreibung bestellte die Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg (SFBW) bei Siemens Mobility 27 zweiteilige Treibzüge Mireo Plus B. Gewartet werden die Fahrzeuge von der SWEG im Auftrag von Siemens für 30 Jahre in der im Juni 2023 eröffneten Bahnbetriebswerkstatt in Offenburg. Die zustandsbasierte, vorausschauende Instandhaltung der Fahrzeuge wird durch den Einsatz der cloudbasierten Siemens Mobility Application Suite Railigent X ermöglicht. Dank modernster Algorithmik und Datenanalyse werden so mögliche Störungen erkannt, bevor sie zu Ausfällen führen. Eine 100-prozentige Verfügbarkeit der Flotte soll sichergestellt werden Zum Netz 8 Ortenau gehören seit dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember 2023 die Strecken Offenburg – Hornberg/Freudenstadt, Offenburg – Bad Griesbach, Offenburg – Achern – Ottenhöfen, Biberach (Baden) – Oberharmersbach-Riersbach. Voraussichtlich ab 2025 wird die reaktivierte Hermann-HesseBahn zwischen Calw und Renningen Teil des Netzes. Das Netz umfasst Leistungen von 2,5Mio. Zug-km pro Jahr, die das Land Baden-Württemberg der SWEG bis Dezember 2038 übertragen hat. Zweikraft-Lokomotiven für Güterverkehr In einer ersten Bestellung orderte DB Cargo bei Siemens Mobility 150 Zweikraft-Lokomotiven Vectron Dual Mode light der Baureihe (BR) 249. Am 15. März 2024 präsentierten im DB Cargo-Werk Halle (Saale) Dr. Sigrid Nikutta, DB-Vorständin Güterverkehr und Vorstandsvorsitzende DB Cargo, und Michael Peter, CEO Siemens Mobility, die ersten Exemplare dieses Typs. Gegenüber der Dual Mode BR248 mit 2400 kW Dieselmotorleistung und 22,5 t Radsatzfahrmasse hat die DB Cargo-Variante einen auf 950 kW reduzierten Dieselmotor und ist damit 6 t leichter. Mit 21 t Radsatzfahrmasse kann die Dual Mode light das Aufgabenspektrum von DB Cargo erfüllen. Die Lokomotiven sollen unter anderem Übergaben und den Einzelwagenverkehr abwickeln und auch auf Nebenstrecken und Gleisanschlüssen mit geringerer zugelassener Radsatzfahrmasse als den heute üblichen 22,5 t eingesetzt werden. Die Kombination aus Elektro- und Dieselantrieb ermöglicht einen einfachen Wechsel zwischen Oberleitungs- und Dieselbetrieb ohne zeitaufwendiges Umspannen und Rangieren sowie der Vorhaltung von Lokomotiven zweier Traktionsarten. Ob es um die Abholung von Güterwagen im Werksgelände der Industriekunden oder um längere Distanzen unter Oberleitung geht, die Zweikraftlokomotive ist flexibel einsetzbar. Bezieht die Lokomotive Elektroenergie, die aus 100% erneuernden Energien erzeugt und mit HVO-Kraftstoff betankt wird, bietet DB Cargo den Kunden eine nahezu CO2-freie Lieferkette. Die ersten Vectron Dual Mode light kommen rund um den Rangierbahnhof in Halle (Saale) in den Bundesländern Sachsen-Anhalt und Sachsen zum Einsatz. Bemerkenswert ist, dass DB Cargo den Einzelwagen-Verkehr weiter betreiben möchte. Untergrundstabilisierung im Rauhebergtunnel Der 5210m lange Rauhebergtunnel zwischen Göttingen und Kassel auf der Schnellfahrstrecke Hannover – Würzburg wurde 1991 in Betrieb genommen. Die Tunnelmitte unterliegt auf 300m Länge besonders starken Einflüssen des Gebirges. Dies hat seit 2011 bereits mehrfach zu Untersuchungen und Teilsanierungen der Tunnelschale geführt. Die DB stabilisiert im Rahmen ihrer Strategie Starke Schiene den Untergrund des Bauwerks. Dafür werden Schienen, Schotter und Schwellen abschnittsweise aus- und später wieder eingebaut. Seit dem 10. Dezember 2023 verbessert die DB im Untergrund des Bauwerks 16 Tunnelblöcke durch Injektionsverfahren in Zustand und Stabilität. Bei 13 dieser Die Zweikraftlokomotiven 249004 und 249005 vor der DB Cargo-Werkstatt in Halle/Saale (Foto: DB/Oliver Lang). eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
164 Journal 122 (2024) Heft 4 Blöcke konnte das dafür notwendige Düsenstrahlverfahren wie geplant durchgeführt werden. Die Untergrundstabilisierung des Gleisbereichs in Fahrtrichtung Göttingen ist abgeschlossen. Die DB rechnet mit dem Abschluss der Bauarbeiten in Gegenrichtung bis Ende Mai. Extreme Niederschläge im Dezember 2023 und Januar 2024 hatten im Tunnelumfeld zu einem starken Ansteigen des Grundwasserspiegels geführt. Daher konnte das sogenannte Düsenstrahlverfahren zur Verfestigung des Tunnelgrundes nicht im ursprünglich geplanten Tempo angewandt werden. Für die Züge des Fernverkehrs gibt es ein Umleitungs- und Ersatzkonzept. Roboterhund Spot bei der S-Bahn München Um ihre Züge frei von Graffiti zu halten und Vandalismus vorzubeugen, testet die DB in München erstmals den Roboterhund Spot. Dieser patrouilliert auf seinen vier Beinen eigenständig über Abstellanlagen und erkennt KI-gestützt unbefugte Personen oder andere Unregelmäßigkeiten. Daraufhin startet er dann eine Liveübertragung. Die Bilder in HD-Qualität werden zur Prüfung bei den DB-Sicherheitsmitarbeitenden in der Nähe übertragen, die gegebenenfalls weitere Schritte einleiten können. Da Spot sich wie ein Hund auf vier Beinen fortbewegt, kann er problemlos auf verschiedenen Untergründen laufen. Stufen, Schienen oder Schotter sind für ihn kein Problem. Mit Hilfe der Sensoren und Kameras kann er Kollisionen mit Menschen oder Gegenständen vermeiden und behält auch nachts jederzeit den Überblick. Und wenn Spot stürzen sollte, steht er selbstständig wieder auf. Im Jahr 2023 wurden im S-Bahn-Werk Steinhausen 13000m2 Graffiti in Handarbeit vom Außenlack entfernt, eine Fläche so groß wie drei Wiesn-Festzelte. Das bedeutet Kosten im hohen sechsstelligen Bereich und Umweltbelastung durch den Chemikalieneinsatz zur Farbentfernung. Um das Erfolgserlebnis der Sprayer zu schmälern, nimmt die S-Bahn besprühte Fahrzeuge am selben Tag aus dem Einsatz. Pro Woche gehen im Schnitt zwölf Fahrzeuge zur Außengraffiti-Entfernung in die Werkstatt. Testfahrten mit ferngesteuerter Lokomotive Im Februar und März 2024 hat die SBB gemeinsam mit Alstom Testfahrten zur Fernsteuerung von Triebfahrzeugen durchgeführt. Die von Alstom entwickelte Fernsteuerung ermöglicht es, Triebfahrzeuge aus einem örtlich entfernten Kontrollraum zu steuern. Mit den Testfahrten wurde geprüft, ob Lokomotivführer mit einem automatisierten Betrieb (ATO) einen defekten Zug ferngesteuert in einen sicheren Bereich bewegen könnten. Die Fernsteuerung könnte beispielsweise bei Tunnelunterhaltsarbeiten oder Baustellen genutzt werden, wo in der Nacht jeweils nur einzelne kurze Bewegungen nötig sind und mittels Fernsteuerung eine größere Flexibilität möglich wäre. Denkbar sind ferngesteuerte Züge zwischen Abstellort und Ankunfts- beziehungsweise Abfahrtsgleis. Bis zum Einsatz müssen auf europäischer Ebene technische Systeme entwickelt und Betriebsprozesse und Regelungen angepasst werden. Der Einsatz von selbstfahrenden Zügen mit Reisenden hat bei der SBB weiterhin keine Priorität. Während der Testfahrten bedienten 24 Lokomotivführer an einem Fernsteuerpult in Oerlikon als Remote Operator eine Lokomotive, welche sich in Zürich Mülligen befand. Es handelte sich europaweit um einen der ersten Tests, die unter laufendem Betrieb in einem Rangierbahnhof und nicht wie bisher auf Gleisen fernab des übrigen Schienenverkehrs durchgeführt wurden. Das Fernsteuerpult gleicht einem Simulator-Fahrpult mit dem Unterschied, dass die Bilder auf den Bildschirmen der Realität entsprechen. Sie werden von verschiedenen auf der Lokomotive eingebauten Kameras aufgenommen. Auf dem ferngesteuerten maximal 30 km/h schnellen Treibfahrzeug befanden sich während den Testfahrten je ein Lokomotivführer für Probefahrten sowie ein Probefahrtleiter. Sie waren für die betriebliche Sicherheit verantwortlich Die DB testet den Roboterhund Spot in den Abstellanlagen der S-Bahn München (Foto: DB/Thomas Kiewning). Fernsteuerpult in Oerlikon (Foto: SBB/Anna Urwyler). eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
165 Journal 122 (2024) Heft 4 und hätten jederzeit eingreifen und bei Bedarf die Fahrt anhalten können. Welche Rolle die menschlichen Faktoren spielen und wie sich die teilnehmenden Lokomotivführer in die reale Situation versetzen können, wurde im Rahmen der Testfahrten von Spezialisten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) untersucht. Sie verfügen über langjährige Erfahrung im Bereich des automatisierten Betriebs und begleiteten die Testfahrten. Railjet neuer Generation Die ÖBB nahmen am 22. März 2024 den ersten Railjet der neuen Generation von Siemens Mobility in Betrieb. Dieser wird vorerst auf der Strecke Wien – Feldkirch eingesetzt. Der ohne Lokomotive 240m lange Zug bietet 532 Sitzplätze und besteht aus neun Waggons. Davon sind zwei 1. Klasse First Class-Sitzplatzwagen mit Business Class-Bereich, ein Bordrestaurant-Wagen mit Sitzplatzbereich, vier 2. Klasse Economy Class-Sitzplatzwagen, ein Multifunktionswagen Economy Class und ein Steuerwagen Economy Class. Technisch bemerkenswert sind die um 30% leichteren Drehgestelle, die für den Mobilfunk-Empfang optimierten Fenster, innovative Energieverteilerblocks mit redundanter Versorgung durch den Nachbarwagen sowie das Selbstdiagnosesystem mit gesicherter Funkverbindung zum Wartungsstützpunkt. Gesteigerte Energieeffizienz wird zum Beispiel durch LED-Innenraumbeleuchtung, eine Klimaanlage mit Wärmepumpenfunktion sowohl im Kühl- als auch im Heizbetrieb sowie eine Regelung der Frischluftzufuhr entsprechend dem CO2-Gehalt in der Luft erreicht. Die durchgängigen Rückenlehnen der Doppelsitze grenzen die Sitzreihen besser ab und sind mit wegklappbaren Mittellehnen ausgestattet, wodurch sie bei gering ausgelasteten Zügen zu einem kleinen Sofa umgebaut werden können. Die Railjets der neuen Generation entwickelte und werden gebaut von Siemens Mobility in Wien und basieren auf der gleichen Plattform wie die neuen Nightjets. Ursprünglich waren acht Züge bestellt, inzwischen orderte die ÖBB weitere 19 Züge, die alle bis Herbst 2028 ausgeliefert werden. Koralmtunnel erhält Oberleitung Als Bestandteil der Koralmbahn Graz – Klagenfurt soll Ende 2025 der Koralmtunnel mit den zwei 33 km langen Tunnelröhren durch die Koralpe in Betrieb gehen. In der finalen Bauphase, der Ausrüstung mit Bahntechnik, werden derzeit unter anderem die 70 Querschläge mit Sicherheits-, Elektro- und Telekomtechnik ausgestattet. Dazu werden 2000 km Kabel verlegt, 550 Verteiler montiert und 90 Klimaanlagen installiert. Im März 2024 begann die ARGE Rhomberg Fahrleitungsbau & European Trans Energy mit der Montage der Stromschienenoberleitung. Als Betriebsgeschwindigkeit sind 250 km/h zugelassen. Durch Verwirbelungen können kurzfristig lokal Windgeschwindigkeiten bis zu 350 km/h entstehen. Insgesamt sind derzeit 500 Personen direkt auf der Baustelle beschäftigt, davon 150 pro Arbeitsschicht vor Ort im Tunnel. Einschließlich Dienstleiser und Zulieferer sind weit über 1000 Personen am Projekt beteiligt. Da der Koralmtunnel nur über das Ost- oder Westportal erreicht werden kann, dauert der Weg zum Arbeitsplatz bis zu 90min. Das stellt auch für den Werkzeug- und Materialtransport eine große logistische Herausforderung dar. Die Hauptbauarbeiten werden dabei bis Ende 2024 abgeschlossen. Danach geht der Tunnel mitsamt dem steirischen Teil der Koralmbahn in die Inbetriebnahmephase über. Seitenansicht eines Waggons des ÖBBRailjet neuer Generation (Foto: Siemens). Querschnitt einer Röhre des Koralmtunnels (Grafik: ÖBB). eb 4 2024 ePaper Abonnement 2024 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!
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