236 Fokus 116 (2018) Heft 7 Bahnenergie aus eigener Kraft Die eigene Bahnenergieversorgung der österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) hat eine lange Tradition. Zwei der ältesten nach wie vor in Betrieb stehende Wasserkraftwerke in Obervellach im Kärntner Mölltal werden in den nächsten Jahren durch ein modernes Bahnstromkraftwerk Obervellach II ersetzt. Der Baubeginn ist im Jahr 2020 geplant und die Inbetriebnahme 2023. Bahnenergieerzeugung in Österreich Die ÖBB Infrastruktur AG betreibt zehn eigene Wasserkraftwerke: Acht davon produzieren 16,7-Hz-Bahnenergie und decken rund ein Drittel des gesamten Bahnenergiebedarfs in Österreich (rund zwei TWh). Der verbleibende Bahnenergiebedarf wird einerseits über Bezugsverträge von 16,7-Hz-Wasserkraftwerken von Partnerunternehmen aufgebracht (rund 25%). Der Rest wird über die ÖBB-eigenen Frequenzumformer als 50-Hz-Energie bezogen und in 16,7-Hz-Bahnenergie umgeformt. Die beiden bestehenden Kraftwerke Lassach und Obervellach I sind Teil des Anlagenportfolios der ÖBB Infrastruktur AG und ein wesentlicher Eckpfeiler für die Bahnenergieversorgung in den südlichen Landesteilen Österreichs. Das 50-Hz-Kraftwerk Lassach wurde in den Jahren 1908 bis 1910 als Baustelleneinrichtung für den Eisenbahn-Tauerntunnel errichtet. Es liegt zwischen Mallnitz und Obervellach am Mallnitzbach. Nach der Tunnelfertigstellung versorgte das Kraftwerk Lassach neben den Bahnhöfen und Eisenbahnanlagen auch die damals entstehenden Ortsnetze mit elektrischer Energie (50-Hz-Drehstrom). Ebenso verwendete man bis zur Elektrifizierung der damals dampflokbetriebenen Tauernbahn im Jahr 1935 das Kraftwerk Lassach zur Versorgung der elektrisch betriebenen Entlüftungsventilatoren des Dösen- und des Tauerntunnels. Im Jahre 1955 errichtet der Landesenergieversorger Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (KELAG) das öffentliche Stromnetz. Es wurde mit dem 5-kV-Drehstromnetz der ÖBB Infrastruktur AG gekuppelt. Das 16,7-Hz-Kraftwerk Obervellach I nutzt die Wasserführung und das Gefälle des Mallnitzbaches im unmittelbaren Anschluss an das Lassachkraftwerk bis zur Mündung des Unterwassers in die Möll in Obervellach. Das Kraftwerk ging nach einer siebenjährigen Bauzeit am 19. Juli 1929 in Betrieb. In den Jahren 1940 bis1943 wurde das Kraftwerk durch eine zweite Druckrohrleitung und einen dritten Maschinensatz (Bild 1) auf 14,921MW Leistung erweitert. Eine neuerliche Erweiterung erfolgte in den Jahren 1947 und 1948 durch die Überleitung des Kaponigbachs in das bestehende Wasserschloss. Neubau als umweltverträglichste Variante Die Kraftwerksanlagen Obervellach I und Lassach sind mittlerweile seit über 80 beziehungsweise 100 Jahren in Betrieb und erreichen in den nächsten Jahren das Ende ihrer technischen Lebensdauer. Die Sanierung der beiden bestehenden Anlagen ist mittel- und langfristig nur mit einem sehr hohen technischen sowie finanziellen Aufwand möglich. Aktuell ist für laufende Sanierungen aufgrund der altersbedingten beeinträchtigten Bausubstanz, der fortgeschrittenen Korrosionserscheinungen, des Alters der Maschinensätze und sonstiger Armaturen ein intensiver Instandhaltungsaufwand durchzuführen. Nach eingehenden Grundsatzüberlegungen wurde unter Berücksichtigung von ökologischen, technischen, betrieblichen und wirtschaftlichen Randbedingungen der Neubau des Kraftwerks Obervellach II als die technisch sinnvollste und umweltverträglichste Lösung ausgewählt und 2017 durch den Vorstand und den Aufsichtsrat der ÖBB AG genehmigt. Aufgrund der hohen regionalen Wertschöpfung erfreut sich das Projekt auch einer breiten Zustimmung in der regionalen Bevölkerung. Bild 1: Maschinensatz mit ausgebautem Laufrad im bestehenden Kraftwerk Obervellach I (Foto: ÖBB). b Probeh ft zur Ansicht
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